Saturday, February 23, 2013

über die pubertäre Identitätsschizophrenie eines Gastarbeiters 2.0

Als wäre die Pubertät an sich nicht schon hässlich und anstrengend genug, erschwert der Migrationshintergrund diese Entwicklungsphase erheblich, ist zumindest meine Erfahrung.
Denn man kämpft an allen, wirklich allen Fronten: In Deutschland bist Du "der Ausländer", in Bosnien "die Deutsche" und zu Hause versuchen Dich Eltern zu erziehen, denen das Schreckgespenst des Identitätsverlustes im Kopf rumspukt und die am Gastarbeitersyndrom leiden. Meine Theorie ist ja, dass die Gastarbeiter 1.0 fernab der Heimat, wesentlich strenger und konservativer waren, als sie es zu Hause gewesen wären, wogegen ja erstmal nichts spricht. Verlogen und heuchlerisch wurde es aber dann, wenn man die deutsche Mark akzeptierte aber nicht den deutschen Freund der Tochter. Ganz so krass waren meine Eltern zum Glück nicht drauf, aber wir hatten es nicht immer leicht - weder  ich mit ihnen, noch sie mit mir. Sie haben sich tapfer geschlagen, habe ich ihnen neben dem üblichen Pubertätskram doch einiges zugemutet. Von 15 bis 19 war Trotz nicht nur eine vorübergehende Erscheinung, sondern meine Lebenseinstellung und Motivation von allem was ich tat, unterteilt in zwei Phasen: eine "deutsche", in der ich so cool wie meine Schulkameraden sein wollte und alles bosnische verleugnete, zu Hause nicht reagierte, wenn mich meine Eltern auf bosnisch ansprachen und sie mit Moscheebesuchsverweigerung, second hand-grunge-Klamotten und einer Glatze schockte.(Die erste und einzige Ohrfeige klatsche mir meine Mutter, als sie mich mit kahlem Schädel sah :-)) und dann eine "bosnische" als ich mit ca. 17 merkte, dass sich bei den Deutschen einschleimen eh nix bringt und nur darauf lauerte und wartete, dass mir einer blöd kommt oder meinen Namen falsch ausspricht.  Mein Weg zur goldenen Mitte war echt anstrengend, um es so zu sagen: bila sam
Bedenkt man, was sie sich alles wegen mir anhören durften, bewundere ich im Nachhinein meine Eltern für ihre Ruhe und Standhaftigkeit. Angefangen von den Lehrern, die sich über meine ausgeprägte  Renitenz beschwerten, über die blöden Kommentare in der samstäglichen Tratsch- und Klatschstunde auf dem Marktplatz, dass es doch Zeitverschwendung ist, mich aufs Gymi zu schicken, da ich sowieso heiraten würde bis hin zu den Nachbarn, die regelmässig gegen die Wand schlugen, sobald ich die Musikanlage anschmiss - die Liste war lang :-)  Rückblickend und jetzt, da ich selber einen Gastarbeiter 3.0 zu Hause habe, verstehe ich sie ein Stück weit besser, denn ganz allein auf weiter Flur hatte es die 1.0 Generation tatsächlich nicht einfach. In einem fremden Land bei null anzufangen, ohne Freunde und Familie, die einem den Rücken freihält, nur damit es den eigenen Kindern irgendwann mal besser geht erfordert Mut und Stärke. Und ganz ehrlich: ich weiss nicht, ob ich mich das trauen würde...
Soviel zu meiner pubertären Identitätsschizophrenie - Mama, Papa, ich liebe Euch trotzdem :-)

mariasimoneidejhs

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