Sunday, November 18, 2012

Werkschau: Edgar Allan Poe Projekt (2)

Mystisch gehts heute weiter. Die zweite Geschichte von Edgar Allan Poe, die wir fotografisch in Szene gesetzt haben, heißt "Berenice". Im Studio eines Freundes haben wir eine kleine Gruft eingerichtet. Dafür habe ich tagelang Blätter zusammengesammelt und getrocknet. Das Ergebnis freut sicher auch Zahnärtze ;-).


Berenice
Der kränkelnde Ich-Erzähler Egeus wächst im Schloss seiner Vorfahren gemeinsam mit seiner Cousine, der anmutigen und lebhaften Berenice, auf. Nach einiger Zeit wird Berenice von einer epilepsieartigen Krankheit befallen, die ihren Körper schwächt, ihr Wesen entstellt und ihren Geist umnebelt. Auch Egeus sinkt in einen Zustand geistiger Umnachtung, in dem er sich stunden- und tagelang einzig auf banale Gegenstände oder einzelne gelesene Sätze konzentriert, in deren Betrachtung versinkt, um schließlich ab und an wieder aus diesem tranceartigen Zustand aufzutauchen und ein gewisses Maß an geistiger Klarheit zurückzugewinnen. Trotz des mysteriösen Siechtums beider Protagonisten spricht Egeus Berenice "in einer bösen Stunde" von Heirat.
"Der Tag, den wir für die Hochzeit festgesetzt hatten, nahte heran." 
Als Egeus in seinem Studierzimmer aufblickt, steht Berenice vor ihm und lächelt - Egeus ist gebannt vom Anblick ihrer pupillenlosen Augen, von den dünnen, zusammengeschrumpften Lippen, die strahlend-weiße Zähne entblößen, und fühlt sich danach über Tage und Nächte hinweg vom "weißen Gespenst ihrer Zähne" völlig beherrscht. Schließlich meldet ihm eine Dienerin, dass Berenice "nicht mehr sei", die Vorbereitungen zur Bestattung seien bereits beendet...

 

Dann betritt ein Diener "bleich wie ein dem Grabe Entstiegener" das Bibliothekszimmer. Während Egeus auf seinem Schreibtisch mit ihm unbegreiflichem Schrecken ein kleines, an sich wohlbekanntes Kästchen betrachtet, berichtet der Diener "von der Schändung des Grabes, von dem entstellten, aus den Leichentüchern gerissenen Körper, der noch stöhnte, noch pulsierte, noch lebte!" Er weist Egeus auf dessen mit Dreck und Blut verschmutzte Kleider und auf seine von Fingernägeln zerkratzten Hände hin. In Panik öffnet daraufhin Egeus das Kästchen, es entgleitet ihm, fällt zu Boden, springt auf, und es fallen zahnchirurgische Geräte sowie 32 elfenbeinweiße, kleine Gegenstände heraus - Berenices Zähne, wie nicht ausdrücklich gesagt, dem Leser aber ohne jeden Zweifel klar wird.


Fotos: Harald Sack
Model: Franzi
H&M: ich



mariasimoneidejhs

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